Online

Gärtnern

In meinem letzten Blog hatte ich euch angekündigt, dass Produkte der besuchten Kärntner Molkerei auch in den „Ackerboxen“ von My.Acker verkauft werden. Was also hat es mit diesen Boxen auf sich? Das erfahrt ihr jetzt in diesem Blog.

 

In der Nähe von Spittal an der Drau hat uns Daniela, eine Mitarbeiterin von My.Acker, am echten My.Acker Acker empfangen. Sie erzählte mir, dass My.Acker vor zirka vier Jahren gegründet wurde. Die Idee vom Online-Garteln ist Firmengründer Christoph Raunig während des Studiums gekommen. Ihm fehlte das Gemüse aus Omas Garten, außerdem wollte er auch in der Stadt Zugang zu selbst angebautem Gemüse haben. Warum also nicht einfach einen Garten spielerisch per Mausklick steuern und bepflanzen? Durch eine technische Autopanne lernte Christoph Patrick Kleinfercher kennen. Der war von Christophs Idee begeistert und als Programmierer auch der Mann für die technische Umsetzung. Das machte Patrick zum zweiten Gründungsmitglied. Das Projekt wuchs allmählich – auch im landwirtschaftlichen Sinn. Der nächste Schritt war, einen Gärtner oder eine Gärtnerin ins Boot, also auf den Acker zu holen, der oder die das nötige Know-how mitbringt.

  

Der Online-Garten

 

Der eigene Online-Garten ist wie ein Computerspiel aufgezogen. Der virtuelle Garten am Tablet ist nur „Stellvertreter“ für ein echtes Stück Acker in Oberkärntnen. Per Mausklick sucht man für seine 3 m2 Fläche aus, welche der 75 verfügbaren Gemüsesorten angebaut werden sollen. Dabei sind alle Setzlinge selbstverständlich Bio und spiegeln die Vielfalt in der Bio-Landwirtschaft wider: So können beispielsweise nicht nur orange Karotten, sondern auch gelbe oder violette Karotten ausgewählt werden, oder man lässt gleich eine Trilogie setzen und lässt gelbe, violette und orange Karotten nebeneinander wachsen. Mit der Maus wählt man aus, Daniela setzt die Optionen am echten Acker um. Jede Tätigkeit am Acker, also jedes Mal gießen, Unkraut jäten, ernten oder Schädlinge bekämpfen, wird mit einem vorgegebenen Guthaben, den Credits, bezahlt.

  

Für das Gießen, Düngen und andere Arbeiten ist der User oder die Userin selbst verantwortlich. Auf der Plattform kann man Daten zur aktuellen Wetterlage vor Ort einsehen. Man bekommt nicht nur Informationen über die Temperatur, sondern auch über weitere Details, wie Luftfeuchtigkeit, Bodenfeuchtigkeit, Lichtstärke, Wind oder Niederschlag. Zusätzlich zeigt eine Live-Kamera den Acker - auf der Homepage. Regnet es beispielsweise, wie an meinem Besuchstag, muss am Acker nicht gegossen werden. Sollte eine Hitzeperiode sein und der User oder die Userin hat schon längere Zeit vergessen seine Pflanzen zu gießen, wird dieser via Benachrichtigung informiert, dass seine Pflanzen Wasser brauchen. Es werden allerdings nur jene Aufgaben ausgeführt, die die Kunden und Kundinnen auch wirklich per Mausklick anordnen.

 

Wie geht man online gegen Kartoffelkäfer vor?

 

Sollten sich, und ja, das tun sie mit Begeisterung, am Acker Kartoffelkäfer einschleichen oder Schnecken den Salat zum Fressen gerne haben, werden die Kunden informiert und sollten handeln. Wie in der biologischen Wirtschaftsweise vorgesehen, werden die Kartoffelkäfer, beispielsweise von Daniela, per Hand abgeklaubt. Den Schneckenangriff schlagen drei am Acker beheimatete Laufenten zurück. Sie haben Schnecken zum Fressen gern.

  

Der Einsatz von Nützlingen und die Arbeit der Gärtner und Gärtnerinnen macht es, wie in der biologischen Landwirtschaft vorgeschrieben, möglich auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel zu verzichten. Im Austausch mit den Kunden und Kundinnen wird stets erklärt, warum nach biologischen Methoden gearbeitet wird, und welche Methoden einem Bio-Gärtner oder einer Bio-Gärtnerin zur Verfügung stehen.

 

Daniela erzählt, dass es vorkommen kann, dass das Gemüse im eigenen Beet nicht gut wächst. Genau so, wie es auch im Garten zuhause passieren kann. Dann wird der Kunde zwar verständigt und bekommt einen Hinweis, was er tun kann, um den Pflanzen zu helfen, z.B. Düngen – es kann aber trotzdem so sein, dass die fertigen Produkte nicht den Supermarktnormen entsprechen. Aber so ist das halt, wenn man selbst Gemüse anbaut – das wird auch in den Gesprächen mit den Kunden und Kundinnen konkret angesprochen.

 

Erntefrisch nach Hause

 

Der Kunde bzw. die Kundin kann online immer den aktuellen Reifezustand seiner Gemüsesorten einsehen.

 

Ist das angebaute Gemüse reif und fertig für die Ernte, schaltet Daniela den Button für die Erntefreigabe frei. Der User oder die Userin muss anschließend selbst die Ernte frei geben, damit er oder sie auch auf jeden Fall zu Hause ist, wenn das frische Gemüse geliefert wird und dieses nicht verschwendet wird. Bestätigt der Kunde die Ernte per Mausklick, erntet Daniela am Acker, verpackt das Gemüse und verschickt es. Bis zum nächsten Morgen wird es zum Kunden bzw. zur Kundin geliefert.

 

Der Kunde oder die Kundin hat auch die Möglichkeit, seine Ernte am Online-Marktplatz zu verkaufen. Angenommen ein User oder eine Userin hatte eine (zu) gute Karottenernte, kann aber selbst nicht so viel verzehren, dann kann er einige davon auf den virtuellen Marktplatz stellen und andere User und Userinnen können diese erwerben. Sollte es dann doch einmal vorkommen, dass der Kunde oder die Kundin auf sein oder ihr Gemüse vergisst, wird die Ernte an die Tafel Österreich gespendet. So wird darauf geachtet, dass das gesamte wertvolle Gemüse verbraucht wird und nichts verloren geht.

 

Die Entscheidung, am Acker mit biologischen Methoden zu arbeiten, hatten die beiden Gründer bereits am Anfang getroffen. Sich tatsächlich biozertifizieren lassen, dauerte noch ein wenig. Erst auf Betreiben der Kunden und Kundinnen, denen das reine Bekenntnis zu Bio nicht reichte, erfolgte die Zertifizierung. Derzeit befindet sich der Acker im letzten Umstellungsjahr. Erst nach erfolgter Umstellung und jährlichen Kontrollbesuchen der Bio-Kontrollstelle, darf man was dort wächst und gedeiht als Bio bezeichnen und mit dem EU-Bio-Logo kennzeichnen.

 

Ackerboxen

 

Ackerboxen sind Container, in denen man verschiedene regionale Produkte und das angebaute Gemüse von My.Acker in Selbstbedienung kaufen kann. My.Acker hat in Kärnten mittlerweile fünf Ackerboxen - ich selbst war schon vor meiner Zeit als Bio-Bloggerin ein paar Mal in den Ackerboxen, denn die haben auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet. Sehr praktisch, das könnt ihr mir glauben. Dort bekommt man neben dem Gemüse auch Milchprodukte, Backwaren, Eingelegtes, Eis, Eier, Speck und Würstel und viele weitere Produkte - natürlich alles Bio versteht sich.

  

Ich habe den Ausflug zu My.Acker und die Reise mit Daniela durch den virtuell angelegten Garten als aufschlussreich und spannend empfunden. Es hat auch meinen Eindruck verstärkt, dass Bio heutzutage ein Vorreiter ist, wenn es um Innovationen in der Landwirtschaft geht. Ich bin sehr froh, dass bei mir daheim um die Ecke ein Bauernmarkt ist. Aber wenn ich den nicht hätte, würde ich es bestimmt auch einmal mit dem Online-Garteln probieren.