Bio-Schlachthof

Auf meiner Reise zu spannenden Bio-Betrieben in Österreich durfte auch der Besuch eines Schlachthofes nicht fehlen. Schlachten an sich ist ja kein besonders schönes Thema, aber ich finde, dass man dennoch darüber reden sollte.

 

Noch eine kleine Anmerkung bevor es losgeht – es gibt keine Zwei-Klassen-Schlachtung in Österreich. Sowohl Tiere aus Bio-Haltung, als auch Tiere aus konventioneller Haltung werden bestmöglich geschlachtet. Die hier gezeigten Maßnahmen für Tierwohl können also nicht nur bei Bio-, sondern auch bei konventioneller Schlachtung angewendet werden.

 

Besucht haben wir einen Schlachthof in Oberösterreich, der ausschließlich Bio-Fleisch verarbeitet. Die dort produzierten Produkte findet man in vielen bekannten Supermärkten und natürlich im schlachthofeigenen Shop. Dass es auf diesem Schlachthof nichts zu verbergen gibt, sieht man schon daran, dass Schlachtung und initiale Verarbeitung durch eine Glaswand einsehbar sind. Es werden auch Besichtigungen  für interessierte Personen angeboten – hier gibt es keine Geheimnisse.

 

Alles für die Kuh

 

Tierwohl fängt bereits beim Transport zum Schlachthof an. Eine Fahrt von mehr als 8 Stunden ist nicht erlaubt – meist liegt die Transportzeit aber deutlich darunter. Im Schnitt wird ein Rind nicht mehr als 50 Kilometer weit zum Schlachthof transportiert.

 

Dort angekommen gibt es bereits die ersten Maßnahmen, um das Aussteigen der Tiere aus dem Anhänger möglichst stressfrei zu gestalten. Durch gezielte Lichtführung (Kühe gehen lieber dorthin wo es hell ist) werden die Tiere aus dem Anhänger hinein in den Wartebereich geführt. Der Weg aus dem Anhänger heraus geht leicht bergauf. Auch dies ist eine Maßnahme für die Kühe – sie gehen lieber bergauf als bergab. Der Weg im Gebäude selbst ist so gestaltet, dass es keine 90° Grad Ecken, sondern nur sanft geschwungene Kurven gibt. So gehen die Tiere von selbst den richtigen Weg.

 

Im Wartebereich selbst dürfen die Tiere dann noch einige Minuten stehen. Sie haben dort die Möglichkeit den Transportstress ein wenig abzubauen. Ziel ist es, dass die Rinder bis zur Betäubung nicht mitbekommen, was passieren wird.

 

Auch für die eigentliche Betäubung gibt es bei diesem Schlachthof mehr Zeit als bei vielen anderen. Der Betäuber oder die Betäuberin hat pro Kuh 4 Minuten Zeit, um die Betäubung vorzunehmen. Dieser Punkt ist besonders dem Geschäftsführer des Schlachthofes sehr wichtig. Eine ordentliche Betäubung ist der Schlüssel zu einer stressfreien Schlachtung. Dabei dürfen keine Fehler passieren. Das größere Zeitfenster ermöglicht hier eine größere Sorgfalt.

 

Das ist auch der Grund, warum dieser Teil der Schlachtung noch außerhalb des Bereiches stattfindet, in den man durch die Glaswand hineinschauen kann. Besucher, die an die Scheibe klopfen oder winken, könnten nicht nur die Tiere stressen, sondern auch den Betäuber oder die Betäuberin ablenken. Ich durfte ausnahmsweise auch einen Blick in diesen Bereich werfen, um euch Bericht zu erstatten, und habe selbst gesehen, wie entspannt die Kühe dort stehen. Die ganzen Maßnahmen scheinen zu funktionieren.

 

Bio-Fleisch

 

In Bio-Betrieben wird besonders darauf geachtet, dass die Tiere natürliche Verhaltensweisen bestmöglich ausleben und dadurch genug gesundes Fettgewebe aufbauen können. Durch die langsamere Mast und die längere Lebenszeit der Bio-Tiere ist das Fleisch marmoriert, also von feinen Fettfasern durchzogen und dadurch auch geschmacklich intensiver. Damit Rindfleisch mit dem AMA-Biosiegel ausgezeichnet werden darf, muss es außerdem Zeit für Fleischreifung bekommen – ein Minimum von 9 Tagen ist hier verpflichtend vorgesehen.

 

Bio in der Verarbeitung

 

Auch wenn es keine Zwei-Klassen-Schlachtung gibt, in der Verarbeitung unterscheidet sich Bio dann doch deutlich von konventionell. Damit es hier zu keinen Verwechslungen oder Vermischungen kommt, dürfen z.B. Bio-Produkte und Produkte aus konventioneller Landwirtschaft nur getrennt verarbeitet und gelagert werden. Darüber hinaus ist eine durchgängige, nachvollziehbare Kennzeichnung essentiell. Wenn ein Produkt mit dem rot-weiß-roten AMA-Biosiegel ausgezeichnet wurde, dann ist außerdem garantiert, dass das Tier von der Geburt bis hin zur Verarbeitung Österreich nie verlassen hat.

 

Bei zusammengesetzten Lebensmitteln, wie z.B. einer Wurst, erlauben die gesetzlichen Standards eine Bio-Kennzeichnung, wenn 95% der Zutaten aus biologischer Landwirtschaft stammen. Die AMA ist hier sogar noch strenger. Wird ein aus mehreren Zutaten zusammengesetztes Lebensmittel mit dem AMA-Biosiegel ausgezeichnet, kommen die Zutaten zu hundert Prozent aus biologischer Produktion. Die einzige Ausnahme können  Naturdärme, Hefe oder Pektin sein. Sollten die nicht aus biologischer Produktion verfügbar sein, dürfen sie entsprechend der EU-Bio-Verordnung bis zu maximal 5% Anteil am Gesamtprodukt verwendet werden. Das Ziel ist und bleibt, dass bei AMA-Biosiegel-Produkten alle Zutaten ausschließlich aus biologischer Produktion stammen.

 

Das kann für die verarbeitenden Betriebe eine Herausforderung sein. Es zeigt aber auch, dass Bio-Betriebe vor Innovation nicht zurückscheuen. Eine spannende Alternative, die ich bei meinem Besuch gesehen habe, war zum Beispiel ein „Baumwolldarm“. Die Wurst war also statt von einem Darm von einer Baumwollhaut umgeben.

 

Größtmögliche Naturbelassenheit

 

"So nah an der Natur wie möglich" ist ein Leitmotiv bei Bio. Es lässt sich auch in der Verarbeitung finden. So ist z.B. der Einsatz von künstlichen Geschmacksverstärkern, Süßstoffen und Aromen in der Bio-Verarbeitung nicht erlaubt. Das AMA-Biosiegel ist bei Zusatzstoffen noch strenger - es sind über 25% weniger erlaubt als in der EU-Bio-Verordnung.

 

Von Mulm zu Mjam

 

Auch wenn mir vor dem Besuch selbst ein bisschen mulmig war – Schlachtung ist ja nichts, mit dem man tagtäglich in Berührung kommt – fand ich den Besuch super spannend. Mir war gar nicht bewusst, wie viel man machen kann, um es den Tieren so wenig belastend wie möglich zu machen. Auch den Rundgang durch die Verarbeitung und die vielen Infos zum Thema Bio-Verarbeitung fand ich sehr aufschlussreich. Ich bin mir sicher, dass mir meine nächste Bio-Wurst oder mein nächstes Stück Bio-Fleisch umso besser schmecken werden. Jetzt wo ich weiß, was alles dahintersteht.